Wir alle tragen eine gemeinsame Verantwortung dafür, dass sich die Vergangenheit nicht wiederholt

Geschrieben in GymBo aktuell am
Im Rahmen der Lesung aus seinem Roman „Jeder Tag wie heute“ lud der israelische Schriftsteller und Filmemacher Ron Segal am Freitag unsere Schülerinnen und Schüler dazu ein, über das Erinnern an den Holocaust und den wachsenden Antisemitismus in unserer Zeit ins Gespräch zu kommen.

Am vergangenen Freitag, nur wenige Tage vor dem Gedenktag zum 9. November, durften wir am Gymnasium Borghorst eine besondere Begegnung erleben: Der israelische Schriftsteller und Filmemacher Ron Segal war zu Gast und las vor Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 10 und 11 aus seinem Roman „Jeder Tag wie heute“. In eindringlicher Weise erzählte er darin die Geschichte des fiktiven Holocaust-Überlebenden Adam Schumacher – eines 90-jährigen Schriftstellers, der nach vielen Jahrzehnten erstmals nach Deutschland zurückkehrt, um – zunehmend von Demenz betroffen – seine Erinnerungen niederzuschreiben.

Ron Segal, 1980 in Israel geboren und heute in Berlin lebend, berichtete, dass er für sein Buch im Archiv der Shoah Foundation recherchiert hat. Sein Roman verwebt persönliche und kollektive Erinnerungen, historische Fakten und Fiktion  – ein Erzählansatz, der die Jugendlichen sichtlich berührte. „Die Erinnerungen meines Protagonisten verschwimmen, er sucht nach seiner eigenen Wahrheit“, erklärte Ron Segal. Damit thematisiert er zugleich den drohenden Verlust lebendiger Zeugenschaft und die Verantwortung jüngerer Generationen, die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten. Denn, so Ron Segal, „wir alle tragen eine gemeinsame Verantwortung dafür, dass sich die Vergangenheit nicht wiederholt.“  Er betonte, dass es für die Entwicklung von Verantwortung unerlässlich sei, zu wissen, was Menschen in der Vergangenheit getan haben und ermutigte die Jugendlichen, in ihren Familien und Archiven selbst auf Spurensuche zu gehen, um Geschichte auf persönliche Weise erfahrbar zu machen. Darüber hinaus verwies er auf die zentrale Bedeutung von Empathie als Schlüssel, um persönliche Schicksale und das kollektive Leid im Holocaust nachvollziehen zu können. In diesem Zusammenhang hob der Autor und Filmemacher den unschätzbaren Wert von Literatur und Filmen hervor, die helfen, die Erinnerung lebendig zu halten und ein tieferes Verständnis für das Geschehene zu fördern.

Ron Segal sprach in den über 90 Minuten mit den Schülerinnen und Schülern offen über seine Motivation, seine Familiengeschichte und die heutige Bedeutung des Erinnerns. Dabei reflektierte er auch besorgt den wachsenden Antisemitismus, der im Zuge der jüngsten Ereignisse in Gaza sowie durch weltweite politische Spannungen zunimmt. Viele Schülerinnen und Schüler nutzten die Gelegenheit, um gemeinsam mit ihm über die politische Lage und die Rolle der Erinnerung sowie persönlicher Begegnungen als wichtigen Gegenentwurf zu Hass und Verdrängung zu diskutieren.

Wir danken Ihnen, Herr Segal, herzlich für Ihre Bereitschaft, eigens nach Borghorst zu kommen, und für Ihre ruhige, offene und geduldige Art, mit der Sie die zahlreichen, oft sehr persönlichen Fragen der Schülerinnen und Schüler beantworteten. Diese Begegnung wird uns in lebendiger Erinnerung bleiben, denn sie hat deutlich gemacht, dass Geschichte nicht nur in Büchern steht, sondern in den Gesprächen lebt, die wir darüber führen.

 

 

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